Der Jahreswechsel ist für viele F&E-Teams und Entwicklungsleiter der Moment, in dem Budgets festgelegt und Prioritäten neu sortiert werden. Und damit steht die Frage im Raum, welche Laborsoftware 2026 wirklich weiterhilft. Welche Software unterstützt dabei, die Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren zu sichern? Und damit stellt sich auch die Frage, welche Laborsoftware im kommenden Jahr Priorität haben sollte und wofür sich die Budgetplanung tatsächlich lohnt.
Der Druck im Alltag nimmt spürbar zu. Viele Aufgaben bringen wenig Wertschöpfung, während die regulatorischen Anforderungen steigen und mit dem Generationswechsel wertvolles Erfahrungswissen verloren geht. Gleichzeitig wachsen die Erwartungen an Geschwindigkeit, Datenqualität und Nachvollziehbarkeit. Dazu kommen neue Softwarekategorien wie Material Intelligence-Plattformen, die deutlich über klassische LIMS-, ELN- oder Excel-Strukturen hinausgehen und die Labor-Digitalisierung auf ein neues Niveau heben.
Dieser Artikel soll Orientierung geben: Welche Systeme stehen heute zur Verfügung? Wo liegen ihre Stärken und Grenzen? Und wie trifft man 2026 eine Softwareentscheidung, die auch langfristig trägt?
Die aktuelle Systemlandschaft
Die Softwarelandschaft im Labor hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Das ist ein klares Zeichen für die fortschreitende Digitalisierung in der F&E. Zwar gehören LIMS, ELN und Excel weiterhin zu den bekanntesten Werkzeugen, doch inzwischen gibt es mehrere zusätzliche Kategorien, die neue Arbeitsweisen ermöglichen. Insgesamt lassen sich sechs Bereiche unterscheiden: klassische LIMS-Systeme, elektronische Laborjournale, Excel-basierte Arbeitsweisen, modernere Cloud-LIMS, spezialisierte R&D-Plattformen und Material-Intelligence-Lösungen.
In der Praxis entsteht daraus eine heterogene Situation. Viele Teams arbeiten mit einer Kombination aus Excel, ELN-Modulen und LIMS-Strukturen, weil diese Werkzeuge in verschiedenen Bereichen etabliert sind. Forschungsteams greifen zunehmend auf Plattformansätze zurück, weil Entwicklungsarbeit iterative Prozesse und flexible Vergleiche erfordert. Auch in weniger regulierten Laboren findet man häufig gewachsene Mischlandschaften, in denen Excel oder einzelne Tools parallel zu strukturierten Systemen eingesetzt werden.
Stärken und Schwächen der klassischen Systeme
LIMS: stabil, aber nicht flexibel
Ein Laborinformationsmanagement-System, kurz LIMS, spielt seine Stärken aus, wenn Laborabläufe klar definiert sind. In dieser Laborsoftware lassen sich Probenverwaltung, Rückverfolgbarkeit, Audit-Trails und Zertifikate zuverlässig abbilden. Deshalb sind LIMS-Systeme in regulierten Umgebungen seit Jahren etabliert.
Mit der Einführung sind jedoch oft erhebliche Aufwände verbunden: Anpassungen erfordern Programmierung, und der Gesamtumfang führt schnell zu sechsstelligen Projektbudgets. Für Forschung und Entwicklung ist ein LIMS daher nur eingeschränkt geeignet. Die Grundlogik ist auf wiederholbare Abläufe ausgelegt. Das passt zwar zu den Aufgaben der Qualitätskontrolle, aber weniger zu iterativen Entwicklungsprozessen wie sie in der F&E typisch sind.
ELN: hilfreich für Notizen, aber kein Datenhub
Ein ELN (Electronic Lab Notebook) ist die digitale Version des klassischen Laborjournals. Es dient dazu, Experimente, Beobachtungen und Notizen strukturiert festzuhalten. In vielen Laboren ist es eine Ergänzung zum LIMS und häufig darin integriert. Die Funktionstiefe bleibt allerdings begrenzt: mehr als Dokumentation, einfache Suche und Nachvollziehbarkeit bietet ein ELN in der Regel nicht. Für komplexe Datenflüsse, wie sie in der F&E anfallen, oder prozessübergreifendes Arbeiten ist es nicht ausgelegt.
Excel: ein Klassiker mit bekannten Risiken
Excel ist nach wie vor überall im Einsatz, weil es sofort verfügbar und flexibel ist. Doch es ist keine Datenbank und für größere Datenmengen ungeeignet. Viele IT-Abteilungen deaktivieren Makros aufgrund von Sicherheitsrisiken, und die teamweite Bearbeitung führt schnell zu Inkonsistenzen. Excel bleibt ein vielseitiges Werkzeug, aber es ist keine Laborsoftware und deshalb ungeeignet, Entwicklungsprozesse strukturiert abzubilden.
Moderne Alternativen: wohin sich Laborsoftware entwickelt
Unified/Cloud LIMS: Evolution in der Qualitätssicherung
„Unified Cloud LIMS“ oder „LIMS 2.0“ sind modernere Varianten klassischer Laborsoftware. Sie bleiben LIMS in ihrer Grundlogik, bieten aber zusätzliche Funktionen, eine cloudbasierte Speicherung und teils modernere Oberflächen. Damit können sie Daten strukturierter erfassen und standortunabhängig verfügbar machen.
Die Herausforderungen bleiben jedoch ähnlich: Auch diese Systeme folgen festen Routinen und eignen sich vor allem für qualitätsorientierte und regulatorisch relevante Abläufe. Die Kosten variieren stark und gehen von günstigen Einstiegsoptionen mit hoher Eigenkonfiguration bis hin zu teuren US-Lösungen. Implementierungszeiten von über einem Jahr sind keine Ausnahme.
R&D-Plattformen: moderne Laborsoftware mit engem Fokus
R&D-Plattformen bilden den Entwicklungsprozess in einer Umgebung ab. Sie bündeln Funktionen wie ELN, Rezepturmanagement und Projektorganisation und ergänzen diese um erste KI-Ansätze, zum Beispiel für Rezepturvorschläge oder die Beschleunigung der Datensuche.
Allerdings decken die meisten Systeme ausschließlich die Formulierungsarbeit ab. Prüfdaten, Verfahren oder nachgelagerte Prozessschritte bleiben außen vor. Die KI-Modelle sind häufig generisch und nicht auf Kundendaten trainiert, wodurch Ergebnisse oberflächlich bleiben. Hinzu kommen hohe Lizenz- und Einführungskosten sowie Implementierungszeiten von bis zu 18 Monaten.
Material-Intelligence-Lösungen: von Daten zur effizienteren Entwicklung
Material Intelligence ist ein eigenständiger Ansatz für F&E und unterscheidet sich grundlegend von LIMS, ELN oder klassischen R&D-Plattformen. Der zentrale Gedanke: Daten nicht nur speichern, sondern verstehen, verknüpfen und für Entscheidungen nutzbar machen.
Dazu vereint Material Intelligence drei Elemente auf einer Plattform:
- Strukturierte Daten: harmonisiert, verknüpft, auswertbar
- Klare Workflows: transparente Abläufe, konsistente Dokumentation
- KI-Assistent: Antworten auf konkrete Fragen aus historischen Formulierungen und Messdaten

So entsteht ein System, das nicht nur Daten verwaltet, sondern die Entwicklung aktiv unterstützt. Teams finden relevante Informationen in Sekunden, nutzen vorhandenes Wissen wieder, reduzieren Wiederholversuche und beschleunigen Entwicklungszyklen spürbar. Ergänzend dazu unterstützt der integrierte KI-Assistent bei der Analyse und Bewertung dieser Daten und hilft dabei, Zusammenhänge schneller sichtbar zu machen. Darüber hinaus bildet die Plattform die Grundlage für datengetriebene Machine-Learning-Methoden wie virtuelle Screeningverfahren oder prädiktive Rezepturvorschläge.
Material Intelligence ist damit keine weitere Laborsoftware, kein weiteres LIMS und keine neue Variante einer R&D-Plattform, sondern ein neues digitales Fundament für Forschung und Entwicklung – vernetzt, intelligent und zukunftsfähig.
Ein praktisches Beispiel aus der Lackindustrie zeigt, wie dieser Ansatz in der Realität aussieht: In einer Case Study konnten verstreute Datenquellen konsolidiert, Workflows vereinheitlicht und die Rezepturentwicklung messbar beschleunigt werden – bis hin zu Entwicklungszeiten, die sich um rund 30 % verkürzten. Die Kombination aus zentraler Datenbasis, klaren Prozessen und KI-Unterstützung erwies sich dabei als wesentlicher Erfolgsfaktor.
So wählt man 2026 die richtige Laborsoftware
Viele Organisationen wissen, dass sie etwas ändern müssen, aber nicht, wie sie strukturiert zu einer Entscheidung kommen. Diese fünf Schritte haben sich bewährt:
- Bedarf klären: Was wollen wir verbessern? Wo entstehen heute Verzögerungen? Welche Use Cases sind entscheidend?
- Markt-Screening: Auf Systemlogik und Datenhoheit achten – nicht auf bekannte Markennamen.
- Realistische Demos einfordern: Keine Standardführungen, sondern echte Prozesse.
- Bewertungskriterien definieren: Offenheit, Cloud-Fähigkeit, Integrationen, Support.
- Wert statt Preis in die Entscheidung einfließen lassen: Welche Probleme werden gelöst und ist die Lösung in 3–5 Jahren noch passend?

Fazit – Was Laborsoftware 2026 leisten muss
Klassische Systeme wie LIMS oder ELN bleiben relevant, decken jedoch nur Teilbereiche ab wie die Dokumentation und standardisierte Abläufe. Moderne Alternativen wie R&D-Software und Material-Intelligence-Lösungen schließen die Lücken zwischen Dokumentation, Datenintegration und Analyse. Für F&E-Teams bedeutet das: Die Zukunft liegt in Systemen, die Daten nutzbar machen – denn nur so lassen sich Entwicklungsprozesse beschleunigen, Expertise sichern und bessere Entscheidungen treffen.
Weitere Details zu den einzelnen Softwarekategorien sowie konkrete Beispiele aus der Praxis finden sich im zugehörigen Webinar, das die Entscheidungsschritte im Detail erläutert.
FAQ: Häufige Fragen zur Laborsoftware 2026
Was ist der Unterschied zwischen einem LIMS und einer Material-Intelligence-Lösung?
Ein LIMS verwaltet Proben, Rückverfolgbarkeit und standardisierte Abläufe. Eine Material-Intelligence-Plattform integriert dagegen Daten, Workflows und KI in einer Lösung und unterstützt so datenbasierte Entscheidungen.
Welche Laborsoftware eignet sich am besten für Forschung und Entwicklung?
Für F&E eignen sich Systeme aus dem Bereich der R&D-Software, die iterative Prozesse, flexible Vergleiche und Datenintegration ermöglichen. Klassische LIMS sind hier oft zu starr. R&D-Plattformen und Material-Intelligence-Lösungen bieten deutlich mehr Unterstützung.
Wann lohnt sich ein modernes Cloud-LIMS?
Ein Cloud-LIMS lohnt sich, wenn Abläufe standardisiert sind, Teams standortunabhängig arbeiten oder Rückverfolgbarkeit eine große Rolle spielt. Für explorative Entwicklungsarbeit reicht es meist nicht aus.
Ist Excel als Laborsoftware geeignet?
Excel ist vielseitig, aber keine Datenbank. Besonders bei größeren Datenmengen und gemeinsamer Bearbeitung stößt es schnell an Grenzen, und Inkonsistenzen entstehen leicht. Für wachsende Teams und komplexere Datenstrukturen ist Excel daher nur eingeschränkt geeignet.
Wie lange dauert die Einführung einer neuen Laborsoftware?
Die Einführungsdauer variiert stark je nach Systemtyp:
- Klassisches LIMS: meist mehrere Jahre, typischerweise ~3 Jahre.
- ELN: rund 6 Monate.
- Cloud-LIMS / LIMS 2.0: trotz moderner Architektur oft > 1 Jahr.
- R&D-Plattformen: erste Use Cases nach ~18 Monaten, vollständige Einführung häufig 2–3 Jahre.
- Material-Intelligence-Lösungen wie LabV: deutlich schneller mit einem produktiven Einsatz meist nach etwa 3 Monaten.
Autor: Dr. Marc Egelhofer
